Mutanten Die deutschsprachige Comix-Avantgarde der neunziger Jahre
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NRW-Forum Kultur und Wirtschaft,
Ehrenhof 2, Düsseldorf
ab dem 29. Oktober 1999 bis 9. Januar 2000
Comix. Auch 1999 denken viele immer noch an Fix & Foxi, doch heute sind
Comix eine künstlerische Ausdrucksform wie jede andere. Sie hat ihren
Mainstream, sie hat ihren Underground, sie hat ihre Avantgarde, sie hat
ihre Kunst und ihren Kommerz. Alles ist möglich, alles ist erlaubt, nichts
wird unversucht gelassen, und möglicherweise sind die Comix zeitgemässer,
lebendiger, moderner, bunter, vielfältiger, unverschämter, verrückter
und freier als die anderen Kunstformen, da sie an der Schnittstelle von
all dem stehen, was in der populären Kultur des ausgehenden 20. Jahrhunderts
möglich und notwendig ist. Das gilt insbesondere für die Comix-Avantgarde
der 90er Jahre.
Unbeirrbar und unverfroren, selbstsicher und selbstironisch - eine neue
Generation von Comix-Zeichnern und -Zeichnerinnen hat in den 90er Jahren
den Raum zwischen Schundheft und Kunstgalerie, zwischen High und Low besetzt
und unterläuft mit spielerischem Leichtsinn die Gesetze des Marktes wie
die Erwartungen des Feuilletons: Sie überwinden die herkömmlichen Comic-Klischees
und machen dem Kunstbetrieb die lange Nase, indem sie die Schwerkraft
der kulturellen Werte und Wertungen aufheben. Diese post-68er-Generation,
die die Pop-Kultur mit der Muttermilch aufgesogen und den Siegeszug der
neuen Medien miterlebt hat, schafft Alltagskunst für die 90er Jahre. Sie
sind kulturelle Mutanten - sie mutieren Bestehendes zu Neuem; sie stossen
offen und neugierig in alle Richtungen vor, sie verwischen die Grenzen
zwischen den verschiedenen Bereichen und vermischen ohne Scheu unterschiedliche,
auch gegensätzliche Einflüsse und Ausdrucksformen:
- sie zeichnen und publizieren nicht nur Comics, sondern malen auch Bilder
und Plakate, machen Siebdrucke, bauen Objekte und Installationen
- sie nutzen die modernen Medien, arbeiten im Multimedia- und Videobereich
- sie sind (als Musiker, DJs und Graphiker) eng mit den aktuellen Pop-
und Techno-Szenen vernetzt
- sie haben wenig Berührungsängste mit Illustration und Werbung
- sie arbeiten als Dozenten an Kunsthochschulen
- sie stellen ihre Arbeiten nicht nur an Comic-Festivals aus, sondern
auch in Galerien und Museen in Deutschland, der Schweiz und Frankreich.
Die deutschsprachige Comic-Avantgarde tummelt sich an der Schnittstelle
aller Bereiche unserer Alltagskultur. Die einzelnen Mutanten mögen einer
breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sein - als Künstlergeneration haben
sie aber eine bereits beeindruckende und prägende Präsenz in den verschiedensten
Bereichen. In ihrem Schaffen spiegelt sich die Gegenwart sehr unmittelbar,
und seit der Pop-/Kultur-Diskurs in der Pop-Szene durch deren hemmungslose
Kommerzialisierung an Bedeutung verloren hat, ist die Comic-Avantgarde
die aufregendste Brutstätte authentischer und unabhängiger Pop-Kultur.
Interessant ist ausserdem die Internationalität dieser Szene: Die deutschsprachige
Comic-Avantgarde entwickelte sich simultan in Ost-und Westdeutschland
und in der Schweiz, und gleichzeitig erlebten die Comic-Szenen in ganz
Europa und den USA einen ähnlichen Aufbruch. Das verdeutlicht die globale
Bedeutung des Phänomens. Dazu kommt, dass die deutschsprachige Comic-Kultur
erstmals in ihrer Geschichte international wahr- und ernstgenommen wird:
Die in der Ausstellung "Mutanten" präsentierten Künstlerinnen und Künstler
publizieren in den USA, Frankreich, Belgien, Spanien, Italien, Finnland,
Griechenland.
Die Ausstellung "Mutanten - die deutschsprachige Comix-Avantgarde der
neunziger Jahre" bringt diese Künstlergeneration zum ersten Mal in einem
grossen öffentlichen Event zusammen.
Atak - Jim Avignon - M.S. Bastian - Martin Tom Dieck - Hendrik Dorgathen
- Christian Farner - Anke Feuchtenberger - Holger Fickelscherer - Markus
Huber - Christian Huth - Thomas Ott - Anna Sommer - Henning Wagenbreth
Ausstellung, Katalog und Internetauftritt werden kuratiert von Sabine
Witkowski (Leiterin des Luzerner Comic-Festivals), Christian Gasser (Journalist)
und Hendrik Dorgathen (Comic-Künstler).
Mutanten - die deutschsprachige Comix-Avantgarde der neunziger Jahre
Der Katalog erscheint im Hatje/Cantz Verlag, DM 35,00.
Die Ausstellung wird gesponsert von DIE WOCHE und PRINZ
Fig.: Christian Farner
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