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TABLEAUX VIVANTS
Lebende Bilder und Attitüden in Fotografie, Film und Video

kunsthallewien.at
24. Mai - 25. August 2002

fig.: Madame Yevonde, Mrs. Donald Ross as Europa aus der Serie/from the serie "Goddesses" ; Fotografie/photography, 1935; Courtesy National Portrait Gallery, London; © Yevonde Portrait Archive

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Lebende Bilder ("Tableaux vivants"), Nachstellungen historischer wie aktueller Gemälde und Skulpturen, sind zum fixen Bestandteil des täglichen Bilderstroms geworden: in Musikvideos, in der Werbung oder in Kinofilmen...
Sie bilden eine eigenständige Kunstform zwischen Theater und Bild, Bewegung und Stille, Geschichte und Vergegenwärtigung. Sie reflektieren, interpretieren und inszenieren die klassischen Werke durch den Leib für die Jetztzeit. "Tableaux vivants" sind gleichsam körperliche Aneignungen der Kunstgeschichte, die die traditionellen Bilder durch permanente Transformation lebendig halten.
Zwischen Performance und Statik angesiedelt, sind "Tableaux vivants" zum idealen Medium einer Kunst geworden, die sich und ihre Geschichte reflektiert. Im rasanten medialen Rauschen lenken sie die Blicke wieder auf die Geste, die Physiognomie, auf die Be- und Verkleidung. Sie zeigen den Menschen exemplarisch als Handelnden, gerade weil er stillsteht.

Ihre Geschichte beginnt mit der Antike. Später werden sie als politische und erinnerungsmächtige Bildsprache in die Festzüge der Renaissance und des Barock und die katholischen Prozessionen seit dem Mittelalter integriert. Zur Zeit der Aufklärung ab dem 18. Jahrhundert werden "Tableaux vivants" und die ihnen ähnliche Form der "Attitüden" als körperliche Nachbildungen und Nachstellungen von Kunstwerken beliebtes Gesellschaftsspiel im privaten Kreis der bürgerlichen Gesellschaft. Seit dem 19. Jahrhundert sind sie Sujets der Fotografen. Bürger und Künstler lassen sich in den prominenten Stellungen und Requisiten der Meisterwerke der Kunstgeschichte - etwa von Raffael, Guido Reni oder Nicolas Poussin - ablichten.

Im 20. Jahrhundert tauchen sie zunächst als Attacke auf die bürgerliche Vorstellung vom Meisterwerk und als surrealistisches Bilderreservoir (Marcel Duchamp, Man Ray, René Magritte) auf. In den 60er und 70er Jahren symbolisieren sie den Konflikt von Kunst und Alltag (Piero Manzoni, Gilbert & George). Sie dienen der Inszenierung von Eigenleiblichkeit (Cindy Sherman, Bruce McLean, Arnulf Rainer). In der feministischen Kunst verkörpern sie die subversive Problematisierung von Weiblichkeit (Eleanor Antin, Valie Export, Hannah Wilke). Schließlich werden sie seit den 80er Jahren im Zug der postmodernen Theorien und der Fragen nach Identität in alle möglichen Richtungen von der Kritik über die Erinnerungsarbeit bis hin zur Parodie weiterentwickelt (Hiroshi Sugimoto, James Coleman, Jeff Wall, Jeroen de Rijke und Willem de Rooij).

Am Beispiel von etwa dreissig KünstlerInnen zeigt die Ausstellung die Entwicklung der "Tableaux Vivants" seit dem 19. Jahrhundert und ihre Bedeutung für die heutige Kunst.


KünstlerInnenliste (Auswahl):
Julia Margaret Cameron, David Wilkie Wynfield, Madame Yevonde, Claude Cahun, Gertrud Arndt, Marcel Duchamp, René Magritte, Man Ray, Karl Valentin, Hannah Wilke, Eleanor Antin, Valie Export, Orlan, Piero Manzoni, Bruce McLean, Arnulf Rainer, Gilbert & George, Ulrike Rosenbach, Christiane Seiffert, Pierre Klossowski, Cindy Sherman, Hiroshi Sugimoto, Pierre & Gilles, Jeroen de Rijke/Willem de Rooij, Rodney Graham, Mat Collishaw, Liza May Post, Aernout Mik, Jonathan Monk, u.a.


Kuratoren: Sabine Folie, Michael Glasmeier



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