FILMKOSTÜM - FRAUEN IM FILM NOIR
Serie in 5 Teilen2 - IT’S A MATTER OF STYLE: RITA HAYWORTH in GILDA.
GOOD BAD GIRLErotisierung durch Kostüm und Styling
Gilda trägt hauptsächlich weibliche Kleidungselemente. Die phantastischen bodenlangen Etuikleider sind präzise geschnitten und anliegend. Sie verhüllen einen scheinbar perfekten Körper, erotisieren durch die Extravaganz von Materialien und das Zur-Schau-Stellen von Körperteilen. Diese Erotisierung des Filmkostüms manifestiert sich als Mangel an textiler Präsenz im häufigen Freilegen der Schulterpartie, in großzügig gestalteten Dekolletés und einem bauchfreien 2-teiligen Tanzkostüm. Weniger ist mehr, um HAYWORTH’ Reize hautnah zu inszenieren. Kostbare Mäntel aus Silberfuchs oder Nerz und das Glitzern der Juwelen akzentuieren die Sinnlichkeit (BAD) des GOOD BAD GIRL und runden den Look ab. Ihr persönliches Markenzeichen, die schulterlangen roten Haare, die bald danach Orson Welles zum Opfer fallen sollten (The Lady from Shanghai), sind offen getragen, gewellt und fließen natürlich gestylt, ganz im Gegensatz zur 40er-Jahr-Haarmode. Die mehr als deutliche Akzentuierung eines legendären weiblichen Attributs.
Die typische Film noir-Fokussierung auf die Beine (Kennzeichen der Femme fatale) erfolgt einerseits durch den extrem hochgeschlitzten Rock des Tanzkostüms und andererseits durch die typischen high-heel Fesselsandalen der 40er Jahre in den Farben schwarz oder silber. Die transparenten Strümpfe konnotieren Nacktheit.Charakterfarbe weiß / schwarz
Auf der farblichen Ebene des Kostüms wird die GOOD-BAD-Ambivalenz des Charakters ebenfalls transportiert. Der Einsatz von hellen Uni-Materialien oder purem Weiß konzentriert sich auffällig vom Beginn bis zur Mitte des Films und verweist in Kombination mit fragilen Materialien auf Schwäche, Unschuld, Harmlosigkeit (GOOD), während die dunklen, schwarzen Ensembles gegen Ende des Films dominieren. Dramatisches Schwarz in Kombination mit eleganten teuren Materialien gilt als sophisticated und signalisiert Macht, häufig mit dem Unterton von böse und gefährlich. Der aktualisierte Spannungseffekt von Attraktion und Angst ist ein vestimentärer Hinweis auf das BAD (Femme fatale).
„Put the Blame on Mame, Boys“
Nicht nur auf vestimentärer Ebene nehmen die erotischen Übersteigerungen in GILDA kein Ende. Selbst der Umgang mit dem Kostüm ist spezifisch gestaltet und eine filmische Rarität. Unter dem begehrten Motto - Entkleiden statt Einkleiden - wird da der Körper der Hauptdarstellerin in einem, für die 40er Jahre durchaus gewagten Ritual zelebriert: die Softvariante des Striptease. Sicherlich handelt es sich dabei um ein Extrem innerhalb der Film noir- Konvention, das wohl nur in Zusammenhang mit der Besetzung der Hauptrolle durch RITA HAYWORTH realisiert werden konnte.
„No other Femme fatal dances. Undoubtedly the numbers in GILDA are there because Hayworth was known as a dancer ... However, once there they introduce a new element into the construction of the character as a sexual object - namely, movement.“ (Richard Dyer).
Gilda trägt ein schulterfreies Abendkleid aus schwarzem Satin beim zweiten „Tanzauftritt“ kurz vor Ende des Films. Während ihrer lasziven Manipulation mit Kleid (weibliches Kleidungselement) und Accessoires singt sie den Song: „Put the Blame on Mame, Boys“. Gekonnt und sexy werden da schwarze Satinhandschuhe und die Halskette ins begeisterte, hauptsächlich männliche Publikum manövriert. Nach einem scheinbar mißlungenen Versuch, den Reißverschluß des Abendkleides zu öffnen, fordert sie die Zuschauer auf, ihr behilflich zu sein. Doch weiteres wird verhindert. Und schließlich wird sie im letzten Augenblick von einem Angestellten ihres Ehemannes von der Bühne gezerrt. Dazu meint Gilda nur ironisch: „ Now, everyone knows, that Johnny has married a ... .“
Doch der Schein trügt wieder einmal, wie so oft im Film noir.
Alle Bilder aus: GILDA, Charles Vidor, 1946, Columbia, 110 min.
How to dress for success: JOAN CRAWFORD in MILDRED PIERCE
- 3. Teil
© Mag. Rosa Burger 1997
Tel. +43 1 535 94 09
FILMKOSTÜM - Frauen im Film noir
Diplomarbeit, Universität Wien, 1993.